Von der Schatzsuche zur Archäologie

Das Reich der Daker umspannte zu seiner Blütezeit unter den Königen Burebista bis Decebal - der eine ein Zeitgenosse Caesars, der andere Trajans - große Teile des östlichen Karpaten- und Donauraumes. Eines der wichtigsten politischen und sakralen Zentren dieses Reiches war Sarmizegetusa Regia (S. R.). Die Reste der antiken Stadt befinden sich in einer unzugänglichen Bergregion im südlichen Siebenbürgen und sind Teil eines ausgedehnten archäologischen Komplexes, der Bergfestungen, Siedlungen und Kultstätten umfaßt und 1999 ins Weltkulturerbe-Programm der UNESCO aufgenommen wurde.

Nach einer Reihe spektakulärer Funde antiker Goldmünzen durch Einwohner der umliegenden Dörfer ordnete Kaiser Franz II./I. im Jahre 1803 an, daß in S. R. Grabungen durchgeführt werden sollten, die bis 1804 fortgesetzt wurden. Obwohl die Kampagne ursprünglich nur der Suche nach Münzhorten gewidmet war, entwickelten die beteiligten Beamten und Militärs sehr schnell ein "proto-archäologisches" Interesse an ihren sonstigen Funden. Anhand der von ihnen erstellten Berichte, Listen, Zeichnungen und Karten, die heute in den Staatsarchiven von Wien, Cluj-Napoca und Budapest verwahrt werden, lassen sich die damaligen Aktivitäten genau rekonstruieren. Die Dokumente haben einen herausragende Bedeutung für die moderne, seit etwa neunzig Jahren laufende archäologische Forschung in S. R. Sie bieten die Chance, über eine exakte Rekonstruktion der Grabungen von 1803 und 1804 zu einem tieferen Verständnis der aktuellen Befunde zu gelangen und damit einen entscheidenden Durchbruch in der Erforschung dieses für unsere Kenntnis der Geschichte und Kultur der Daker zentralen Fundplatzes zu erzielen. Zugleich eröffnen die Dokumente direkte Einblicke in das Geschichtsbild und die historischen Deutungsmuster diverser gesellschaftlicher Gruppen des Habsburgerreiches um das Jahr 1800 und beleuchten das geistige Umfeld, in welchem damals europaweit die Archäologie und andere Altertumswissenschaften als wissenschaftliche Disziplinen konzipiert wurden.
Das Projekt zielt auf die präzise Rekonstruktion der Kampagnen der Jahre 1803/1804. Außerdem sollen die Beobachtungen, Deutungsmuster und Methoden der beteiligten Personen in ihren wissenschafts- und kulturgeschichtlichen Kontext eingeordnet werden. Schließlich soll über den Verbleib der bei den Grabungen aufgefundenen Objekte nachgeforscht werden.
Wichtigstes Ergebnis des Projektes ist eine Monographie mit dem Titel "Von der Schatzsuche zur Archäologie: Die Wiederentdeckung der Hauptstadt des Dakerreiches Sarmizegetusa Regia in Siebenbürgen unter Kaiser Franz II./I.". In diesem Buch (ca. 700 S.) sollen die Resultate des Projektteams (zwei PreDoc-Stellen und Projektleiter) präsentiert (Kap. 5-7 = 400 S.), darüberhinaus aber auch, in Form von zusätzlichen Beiträgen der neun Kooperationspartner aus Österreich und Rumänien (Archäologen sowie Alt- und Neuzeithistoriker), das Thema in einen weiteren historischen Kontext eingebettet und die Forschungsgeschichte zu S. R. seit den Grabungen von 1803/1804 sowie aktuelle Perspektiven zur Erforschung, zum Erhalt und zum Schutz der Monumente vor der heute wie damals grassierenden Raubgräberei aufgezeigt werden. 

 

Leiter / Leiterin: 
Fritz Mitthof
Projektnummer: 
P 23975

Förschungsförderung: