Die Briefe von Carl Humann

Welche Bedeutung und welche Auswirkungen hatte wissenschaftliche Kommunikation auf die Entwicklung der Archäologie im späten 19. Jh.? Diese Frage steht im Mittelpunkt des beantragten Projektes und soll anhand einer Sammlung von 1731 Briefen diskutiert werden, die der Archäologe, Architekt und Ingenieur Carl Humann in seinen letzten zwölf Lebensjahren zwischen 1884 bis 1895 verfasst hatte. Humann hatte alle Briefe während des Schreibens kopiert und archiviert; heute sind sie im Archiv der Antikensammlung der Staatlichen Museen in Berlin aufbewahrt. Bereits in den 90er Jahren des 20. Jhs. wurde von der Antikensammlung ein sog. Findbuch erstellt, das der Antragstellerin im Vorfeld erlaubte, die von Humann behandelten Themen, die von ihm kontaktierten Personen und die Stätten, die er erforschte, grob zu identifizieren.

Im fortgeschrittenen 19. Jh. begannen Archäologen und Architekten antike Stätten, die noch heute im Mittelpunkt der Feldforschung stehen, zu untersuchen – wie Pergamon, Ephesus oder Priene. Briefliche Kommunikation spielte bei der Durchsetzung der Forschungsvorhaben ein entscheidendes Werkzeug, tauschte man sich doch sehr schnell u. a. über aktuelle Aspekte der Archäologie, die besten Methoden, über Organisationsprobleme und über die Suche nach Fachgelehrten während der Ausgrabungen aus.

Carl Humann, dessen Name vor allem mit der Entdeckung des Pergamonaltares und den Grabungen an diesem Ort verbunden ist, war zu seiner Zeit – obwohl kein ›Fachgelehrter‹ – zu einer der zentralen Figuren der Archäologie im Gebiet des Osmanischen Reiches geworden. Die Briefe geben durch seine Beziehungen zu Wissenschaftlern und Politikern weitreichende Auskunft über seine Tätigkeiten und Ideen. Sie sind als Dokumente des wissenschaftlichen Diskurses anzusehen. Das Briefkonvolut bildet daher eine einzigartige Quelle zur Erforschung der frühen wissenschaftlichen Kommunikation auf dem Gebiet der Archäologie.

Das vorrangige Ziel dieses Projektes liegt darin, den Inhalt dieser Briefe nach Themengebieten (Ideen, Methoden, Personen, Orte) aufzuschlüsseln und hinsichtlich ihrer Aussagekraft auf die wissenschaftliche Kommunikation und die daraus entstandene Etablierung archäologischer Fragen, Methoden und Ziele zu analysieren. Die Untersuchung soll auch dazu beitragen, archäologische Inhalte zu identifizieren, die lediglich in die Briefe Eingang gefunden haben und nie publiziert wurden. Tatsächlich wurden die Briefe bislang nie systematisch analysiert, weshalb zu erwarten ist, dass bisher unbekannte Informationen ans Tageslicht treten werden.

Die Briefe werden in der Datenbank Arachne® der Universität Köln öffentlich zugänglich gemacht. Die Fragen nach der wissenschaftlichen Kommunikation und ihren daraus resultierenden Auswirkungen werden in einer Monographie diskutiert und in den Kontext früher archäologischer Untersuchungen des späten 19. Jhs. im Gebiet der heutigen Türkei gestellt werden. 

 

Leiter / Leiterin: 
Johanna Auinger
Projektnummer: 
P 26232

Förschungsförderung: