22.04.2014

Vortrag von Albrecht Lehmann: Atmosphären erzählen

Der Forschungsschwerpunkt Wirtschaft und Gesellschaft aus historisch-kulturwissenschaftlicher
Perspektive und das Institut für Europäische Ethnologie laden ein zum Vortrag von

Albrecht Lehmann
Atmosphären erzählen

Im Vortrag geht es primär um die Bedeutung von Atmosphären für die empirische Forschung. Atmosphären zählen zu den wesentlichen Elementen beim Erleben und Wahrnehmen empirisch gegebener sozialer Situationen. Eine spezifische Atmosphäre wirkt beim aktuellen Anlass auf die Stimmung und den körperlichen Zustand der Beteiligten ein: anregend oder deprimierend, mitreißend oder „niedermachend“.

Obwohl sie den Rahmen für die Wahrnehmung einer Situation vorgeben, lassen sich Atmosphären, allein schon, weil sie subjektiv erlebt werden, in ihren sozialen Auswirkungen nur schwer systematisch beobachten und bewerten. Dessen ungeachtet haben sie stets eine übersubjektive Wahrnehmungsdimension, denn sie sind – etwa wie der Geschmacks„sinn“ für Speisen – Teil der Kultur. Deshalb werden sie nach vorgegebenen Mustern genossen und auf dieser Grundlage später erzählt. Bei dieser kulturellen Dimension des Erlebens und des Erinnerns sollte die empirische Bewusstseinsanalyse methodisch ansetzen. Biographische Forschungen zeigen: In mündlich oder schriftlich artikulierten autobiographischen Erzählungen werden die Stimmungsqualitäten lebensgeschichtlich markanter Situationen regelmäßig bis ins Detail (hinsichtlich beteiligter Personen, räumlicher Umgebung und erlebter Gefühle und Stimmungen) zur Sprache gebracht.

Albrecht Lehmann, emeritierter Professor für Volkskunde / Kulturanthropologie an der Universität Hamburg; Forschungsschwerpunkte: kulturwissenschaftliche Bewusstseinsanalyse und Mentalitätsgeschichte der Gegenwart; Veröffentlichungen u. a. zur Erzähl-, Biographie- und Gemeindeforschung, zur Zeitgeschichte und zum Natur- und Umweltbewusstsein