Götz Aly: Europa gegen die Juden 1880-1945
Dienstag, 23. Mai 2017, 18:30 Uhr
Hörsaal 41 im Universitäts-Hauptgebäude
Universitätsring 1, 1010 Wien
Deutsche und Österreicher steuerten den Mord an den Juden. Sie stellten die technischen Mittel bereit und einen erheblichen Teil des Personals. Doch konnte der Völkermord an der in Europa verstreut lebenden jüdischen Minderheit nicht allein von den Initiatoren begangen werden. Folglich aktivierten sie überall bereits vorhandene nationalistische, national-soziale und antisemitische Ressentiments, um ihre Ziele durchzusetzen. Sie stützten ihre Politik der Ausgrenzung und Vernichtung – zumal im östlichen Europa, also in den Hauptsiedlungsgebieten der Juden – auf die starken und seit mehreren Jahrzehnten immer stärker gewordenen Wünsche, die Juden irgendwie loszuwerden. Auf dieser schon vorhandenen Basis fanden die deutschen Eroberer in fast allen Staaten Europas zumindest passive Unterstützung für die Entrechtung und Deportation der Juden. Ohne die vielen arbeitsteilig helfenden Einheimischen in den von Deutschland besetzten und mit Deutschland verbündeten Ländern, ohne die dort mitwirkenden Verwaltungsbeamten, Polizisten, Journalisten und Politiker hätte sich das Projekt „Endlösung“ nicht mit atemberaubender Geschwindigkeit verwirklichen lassen. Ohne die deutsche Tatherrschaft und Verantwortung zu relativieren, folgt der Vortrag der Frage: Hat die Entrechtung, Enteignung und Deportation der Juden, die deutsche Besatzungspolitik in den einzelnen Ländern Europas erleichtert oder erschwert?
Götz Aly ist Historiker und Journalist. Er arbeitete für die »taz«, die »Berliner Zeitung« und als Gastprofessor (mehrfach auch in Wien). 2002 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis, 2003 den Marion-Samuel-Preis, 2012 den Ludwig-Börne-Preis. Zuletzt veröffentlichte er bei S. Fischer 2011 »Warum die Deutschen? Warum die Juden? Gleichheit, Neid und Rassenhass 1800-1933«, 2013 »Die Belasteten. ›Euthanasie‹ 1939-1945. Eine Gesellschaftsgeschichte«, 2015 »Volk ohne Mitte. Die Deutschen zwischen Freiheitsangst und Kollektivismus« und 2017 »Europa gegen die Juden 1880-1945«. Zahlreiche Übersetzungen.
Eine Veranstaltung des Instituts für Zeitgeschichte und des Schwerpunktes „Diktaturen, Gewalt, Genozide“ mit Unterstützung durch die Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät der Universität Wien.