12.03.2014

Andrea Komlosy

Bei näherer Betrachtung erweist sich der Begriff „Arbeit“ als wahres Chamäleon, seine Definition ändert sich im historischen und im regionalen Kontext. Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Mühe und Leid auf der einen Seite und kreativer Verwirklichung auf der anderen. Dieser Gegensatz, der auf das griechische „pónos“ und „érgon“ sowie das lateinische „labor“ und „opus“ zurückgeht, spiegelt sich in sämtlichen europäischen Sprachen wider. Erst die kapitalistische Rationalität hat Arbeit ihres Doppelcharakters beraubt und den Begriff auf produktive Erwerbstätigkeit verengt. Damit wurde all jenen Formen der Arbeit, die unbezahlt in der Familie, im Haus und in der Selbstversorgung erbracht werden, der Charakter von Arbeitstätigkeit abgesprochen.

Arbeit bestimmt wesentlich die Vorstellungen vom Sinn des Lebens. Ob aus religiöser Tugend, wie es die großen Weltreligionen verlangen, aus handwerklicher Berufsehre, aus familiärer Liebe und Sorge, aus sozialem Aufstiegswillen oder aus proletarischem Klassenbewusstsein ...
Arbeit wird oft zum Lebenszweck erklärt. Der Verwirklichung in der Arbeit steht der Wunsch nach
Befreiung von Arbeit gegenüber, der sich von der antiken Arbeitsverachtung über die asketische
Überwindung der Bedürfnisse in klösterlichen Gemeinschaften bis hin zu technizistischen Utopien
der Substitution menschlicher Arbeit durch Maschinen erstreckt. Die kritische Einstellung zur Arbeit
kann darin zum Ausdruck kommen, Last und Mühe anderen Personen bzw. sozialen Gruppen aufzu-
halsen. Sie kann sich aber auch in der Kritik an Zwangscharakter, Ausbeutung und Entfremdung sowie
in kollektiven Aktionen zu deren Überwindung äußern.

In sechs Zeitschnitten zwischen dem 13. und dem 21. Jahrhundert zeigt Komlosy die Vielfalt der Arbeits-
verhältnisse auf, die jede Periode kennzeichnet. Sie untersucht, wie Arbeit geteilt und in welcher Art sie miteinander kombiniert wurde. Die Verbindung unterschiedlicher Arbeitsverhältnisse ist die Grundlage der Kapitalakkumulation, die aus der Aneignung von Werten aus fremder Arbeit resultiert. Über ungleichen
Tausch und die Zerlegung der Arbeitsprozesse in Güterketten liegt der Werttransfer auch der globalen Un-
gleichheit zugrunde.

Promedia Verlag, 2014
208 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-85371-369-3