220. Institutsseminar: Marion Wullschleger, Der nationale Blick. Die sprachliche und nationale Zusammensetzung der Staatsbeamtenschaft im Küstenland vor 1914 (12. 3. 2018)
Am Montag, den 12. März 2018, findet ab 17.15 Uhr im Elise-Richter-Saal am Hauptgebäude der Universität Wien das 220. Institutsseminar des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung statt. Es spricht Marion Wullschleger vom Hochschularchiv der ETH Zürich zum Thema:
„Der nationale Blick. Die sprachliche und nationale Zusammensetzung der Staatsbeamtenschaft im Küstenland vor 1914“
Abstract: Das Küstenland war kulturell und sprachlich eine der vielfältigsten Provinzen Österreich-Ungarns. Der habsburgische Staat kommunizierte dort in vier verschiedenen Sprachen mit seinen Bürgerinnen und Bürgern: in Deutsch, Italienisch, Slowenisch und Kroatisch. Dennoch geriet die Staatsverwaltung seit der Jahrhundertwende zunehmend ins Fadenkreuz der Kritik. Wie in vielen anderen Kronländern auch kam es zu heftigen Auseinandersetzungen um die Sprachkenntnisse der Beamten und um die Vertretung der verschiedenen Nationalitäten in der Beamtenschaft. Insbesondere die Politiker der slowenisch- und kroatisch-national ausgerichteten Parteien kritisierten die Personalpolitik der Regierung in Wien scharf: Über Jahrzehnte seien deutsche und italienische Beamte den südslawischen vorgezogen worden. Gerechtigkeit könne nur durch die Einführung des Prinzips des nationalen Proporzes hergestellt werden.
Da die Staatsverwaltung keine Zahlen zu Sprachkenntnissen oder Nationszugehörigkeit ihrer Beamten veröffentlichte, ergriffen die südslawischen Nationalisten selbst die Initiative. Sie begannen, ein Verzeichnis aller Staatsbeamten im Küstenland anzulegen und Daten zu den Sprachkenntnissen und zur Nationalität aller Beamten zu sammeln. Im Vortrag soll der sich zuspitzende Konflikt zwischen den Vertretern nationaler Parteien und der Verwaltungsspitze näher betrachtet werden. Dabei werden folgende Fragen im Zentrum stehen: Wie argumentierten die südslawischen Politiker in der Auseinandersetzung um die sprachliche und nationale Zusammensetzung der Staatsbeamtenschaft? Wie reagierten die wechselnden Regierungen in Wien und der langjährige Statthalter in Triest auf die Forderungen? Welche Rolle spielte der Konflikt im Prozess der Nationalisierung des österreichischen Staates?
Kommentare zum Vortrag werden von Franz Adlgasser (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung) und Fredrik Lindström (Universität Malmö) gehalten. Die Veranstaltung ist wie alle Institutsseminare öffentlich, Gäste sind herzlich willkommen. Die Einladung im PDF-Format gibt es hier.