18.11.2016

205. Institutsseminar: Éric Hassler, Die vielfachen Zugehörigkeiten des Hochadels am Kaiserhof, 1650–1800

Am Montag, den 28. November 2016, findet ab 17.15 Uhr im Hörsaal des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung das 205. Institutsseminar des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung statt. Es spricht Éric Hassler von der Université de Strasbourg zum Thema:

„Die vielfachen Zugehörigkeiten des Hochadels am Kaiserhof, 1650–1800“

Abstract: Zu Beginn der 1690er Jahre wollte Ferdinand Bonaventura Graf Harrach zweimal seinen Sohn Aloys Thomas Raymund verheiraten. Der Briefwechsel zwischen den beiden Männern bringt die zahlreichen Optionen für Eheschließungen ans Licht. Es gibt mögliche Kandidatinnen verschiedener Herkunft (Österreich, Böhmen, norditalienische Staaten, Schweden, Altes Reich) und unterschiedlichen Standes (reichsunmittelbar oder nicht, gräflicher oder fürstlicher Adel). Das Abwägen der verschiedenen Optionen spiegelt die Anpassungsfähigkeit eines Geschlechts wider, dem Ungnade droht. Tatsächlich sind die Harrach Anhänger und Akteure einer habsburgisch-spanischen Politik. Sie widersetzen sich dem jungen Hof des Erzherzogs Joseph, der eine mehr auf das Reich orientierte Politik betreiben möchte. Niemand kann abschätzen, wie lange die Harrach in der Gunst des alten Kaisers bleiben werden. Es gilt, ihre verschiedenen Zugehörigkeiten möglichst gut einzusetzen. Auf jeden Fall muss die Stiftsfähigkeit bewahrt werden.
Das Beispiel der Harrach erlaubt es, sowohl die vielfachen Zugehörigkeiten der Aristokratie am Kaiserhof zu analysieren als auch deren Zusammenspiel im gesamten Monarchieraum. Der vorliegende Beitrag geht auf die Frage eines gesamtösterreichischen Adels ein. Ohne die starken sozialen Zwänge zu vergessen, die auf das Adelsgeschlecht wirken (Rang, Stiftsfähigkeit, höfische Ämter und monarchische Gnade), wird die Auswirkung auf der Ebene des Individuums und der Adelslinie untersucht. Es wird die Frage aufgeworfen, inwiefern der Adel über Anpassungsfähigkeit verfügt. Es bietet sich an, eher von „Zugehörigkeit“ als von „Identität“ zu sprechen, weil „Zugehörigkeit“ ein weiter gefasster Begriff ist, der es erlaubt, sich mehr auf Dynamiken als auf Kategorien zu konzentrieren, welche wegen der großen Heterogenität des Adels schwer zu definieren wären.

Die Veranstaltung ist wie alle Institutsseminare öffentlich, Gäste sind herzlich willkommen. Die Einladung im PDF-Format gibt es hier.